Ist Wasser ein registrierungspflichtiges Medikament?


21.10.2004
Severin Bühlmann

Die chinesische Materia Medica, also das Buch, in dem sämtliche Mittel aus der Natur, die je für medizinische Zwecke gebraucht wurden, gesammelt, beschrieben und bewertet sind, umfasst weit über 10'000 Mittel. Von allen sind die Wirkungen und Nebenwirkungen, aber auch die Qualität, die Beschaffungs- und Bearbeitungsmöglichkeiten notiert. So steht in diesem Buch selbstverständlich auch ein Passus zu Trink- oder Quellwasser.

Quelle wald

Der Text gibt Indikationen und Verwendungsmöglichkeiten, Wirkungen und Nebenwirkungen also auch für Wasser an. – Demgemäss wäre also Wasser, da mit Indikationen behaftet, ein registrierungspflichtiges Medikament! Lesen Sie im Folgenden unsere Übersetzung des Kapitels «Quellwasser» aus der chinesischen Materia Medica:

Textkritik

Quellwasser wird das erste Mal aufgezeichnet im «ben cao shi yi» (nachgebesserte Materia Medica). Im «jia you ben cao» wird ein Abschnitt über quan shui hinzugefügt. In «pin hui jing yao» heisst es: «Wasser, das aus einem Loch mit Sand und Steinen an die Oberfläche kommt, wird Quellwasser genannt... Nimmt man Wasser aus behauener Erde, so wird dies Brunnen genannt. So ist also ein Brunnen auch eine Quelle. Gebraucht wird das frisch geschöpfte Wasser.» Im «gang mu» steht: «Bezüglich Quellwasser aus einem Bergfels ist es folgendermassen: Entsteht die Quelle in Fels, Erde und Steinen eines Berges, so wird aus dem fliessenden Wasser eine Bachhöhle. Ist die Quelle weit weg, klar und kalt oder besitzt der Berg Jadesteine oder schöne Gräser und Bäume, so ist das Wasser gut. Wasser aus Bergen mit schwarzer Erde, giftigen Steinen und schlechten Kräutern ist unbrauchbar.» In der alten Materia Medica (ben cao) ist man der Ansicht, dass jedes frisch geschöpfte, unverschmutzte Brunnen- und Quellwasser einen gewissen Heilwert hat. Yao Ke Cheng hat im «shi ben cao» 649 Namen von berühmten Quellen der verschiedensten Regionen aufgeführt. Darunter sind solche, die der Gesundheitspflege dienen, andere, die heilend wirken, wieder andere, deren Wasser nur zum Baden gebraucht wird und nicht trinkbar ist. Je nach Geologie der verschiedenen Orte bestehen Unterschiede. Heute legen die «staatlichen Normen der VR China» (GB8537-87) Folgendes fest: Die Normen zu «trinkbarem natürlichem Quellwasser» sind auf Wasser ausgerichtet, «das von einer natürlichen Ausgangsstelle aus dem Kreislauf der Erdtiefe kommt oder Grundwasser, das aus dem Kreislauf der Tiefe künstlich an die Oberfläche gebracht wird (dieses gehört auch zu Quellwasser oder Brunnenwasser)», sofern dieses unter Gewährleistung der normgerechten Sicherheitsbestimmungen von Hygiene und Bakteriologie zum Gebrauch erschlossen wird. Die Bestimmungen sind wissenschaftlicher und strenger als die Anforderungen an Brunnen- und Quellwasser in der alten Materia Medica (ben cao). Eine differenzierte Diskussion zu den Funktionen und Indikationen der verschiedenen trinkbaren Mineralwasser wird erst erwartet.

Herkunft

Frisch geschöpftes Wasser von einem unverschmutztem Brunnen bzw. Quelle oder Mineralwasser.

Ursprungsmineral

Wasser. Dies ist eine farblose, durchsichtige Flüssigkeit. Natürliches Brunnenwasser enthält Spurenelemente, Salze und andere Fremdsubstanzen.

Droge, Produktion und Absatz

Mineralwasser wird hauptsächlich in Qingdao, Guangdong und Guizhou, aber auch in anderen Provinzen produziert. Es wird in allen Regionen Chinas vertrieben. Mineralwasser aus Qingdao wird zudem exportiert.

Drogendifferenzierung

Differenzierung der Beschaffenheit von Wasser: Quellwasser ist eine durchsichtige klare Flüssigkeit, die farblos ist. Zuweilen ist eine sehr geringe Menge Mineralsalzsediment zu sehen. Quellwasser ist farblos, geschmacklos, riecht nicht schlecht, hat keinen fremden Beigeschmack und trägt den speziellen Geschmack von Mineralwasser.

Qualitätszeichen

Die «staatlichen Normen der VR China» (GB8537-87) legen Folgendes fest:

1. Die unteren Grenzwerte für trinkbares natürliches Mineralwasser (in mg/l):

Lithium:≥ 0.2pian gui suan (Meta-Kieselsäure?):≥ 25Strontium:≥ 0.2Selen:≥ 0.01Zink:≥ 0.2freies Kohlendioxid:≥ 250Brom:≥ 1Mineralstoffe:≥ 1000Jod:≥ 0.2

Anmerkung: Wasser, welches einem der obigen Kriterien entspricht, kann als trinkbares, natürliches Mineralwasser bezeichnet werden.

2. Die oberen Grenzwerte einiger Elemente und Bestandteile (mg/l):

Lithium:< 5Quecksilber:<0.001Strontium:< 5Silber:< 0.05Jod:< 1Bor (nach H3Bo3):< 30Zink:< 5Selen:< 0.05Kupfer:< 1Kalium:< 0.05Barium:< 5Oxid (nach F):< 2.5Kadmium:< 0.01Sauerstoffverbrauch (nach O2):< 3Chrom:< 0.05Nitrate (nach NO3)::< 45Blei:< 0.05226Ra-Radioaktivität:< 1.1 bq/l

3. Verschmutzungsparameter (mg/l):

Phenolverbindungen (nach Phenol berechnet):< 0.002Zyanverbindungen (nach CN berechnet):< 0.01Nitrit (nach NO2 berechnet):< 0.005Gesamt-b-Aktivität:< 1.5 bo/l

Unreines Wasser

4. Mikrobenkriterienparameter:

Totale Bakterienzahl:< 100 Bakterien/mlKoli-Gruppe:< 3 Bakterien/l

Eigenschaften

Süss, kühl.

  1. «ben cao shi yi»: «Süss, ausgeglichen im Temperaturverhalten, nicht toxisch.»
  2. «pin hui jing yao»: «Süss, ausgeglichen im Temperaturverhalten, kalt. Riecht stärker als Luft, wird Yin zugeschrieben.»

Funktionen und Indikationen

Reguliert die fünf zang-Organe, klärt Lungen- und Magen-Hitze, bildet Körperflüssigkeiten, stillt Durst, nährt das Yin und wirkt diuretisch.

  1. «ben cao shi yi»: Verabreichen von grossen Mengen bei Cholera, Verdriesslichkeit, Spasmen und Furcht im Bauch nennt man Darmspülung. Dies ist eine gefürchtete, aber wirksame Therapie. Dabei gilt es darauf zu achten, dass der Bauch nie leer ist. Ist er leer, verabreicht man mehr davon." «Ausserdem wird es angewendet bei Durst, Regurgitation, Hitzedysenterie, Strangurie, Dysurie und dunklem Urin, zur Waschung von Rhus-Dermatitis, zum Bespritzen von Karbunkeln und Schwellungen, die sich so auflösen. Eine langfristige Einnahme reguliert die Mitte, klärt Hitze, schädigt den Magen, wirkt diuretisch, fördert den Stuhlgang und wenn man viel davon trinkt, macht dies den Rachen jung(?) und bringt das Qi nach unten(?).»

  2. «shi wu ben cao»: hui shan1 -Quelle: Reguliert die fünf zang-Organe, macht vital, reguliert ying- und wei-Qi, kühlt die Lunge und die fu-Organe, löst Bedrücktheit, beseitigt Besorgnis, verteilt Alkohol und stillt Durst, klärt den Geist und treibt Schweiss. Eine langfristige Einnahme verlängert das Leben, erhält das gute Aussehen, hält jung (die hui shan-Quelle ist die zweitbeste Quelle unter dem Himmel).
    fu cha2 -Quelle: Stärkt den Geist, reguliert die zang- und fu-Organe, befeuchtet Lungen-Hitze, stoppt Trockenheit und Durst, bildet Körperflüssigkeiten, transformiert Schleim und Speichel ...
    zi wei3 -Quelle: Befeuchtet die Lunge und klärt Herz-Hitze, klärt Augen und Ohren, fördert Weisheit, bildet Körperflüssigkeiten, stillt Durst, reguliert Brust sowie Zwerchfell und reguliert die zang- und fu-Organe. Es wird eingesetzt bei pathogener Hitze von Milz und Magen, bei trockenem und bitteren Mund. Eine langfristige Einnahme wirkt sich gut auf das Aussehen aus und verlängert das Leben.

Dosierung

Zum Trinken, in angemessener Menge.

Zu Beachten bei der Anwendung

Die Qualität des Wassers muss beachtet werden. Riecht es nach Schwefel oder hat es die Farbe von Zinnober, darf es nicht getrunken werden.

  1. «jia you ben cao»: Zur Behandlung mit Trinkwasser wird immer frisches Wasser aus einer klaren Quelle geschöpft. Stehendes, verschmutztes und warmes Wasser ist nicht nur wirkungslos sondern ist zweifellos auch schädlich für den Menschen».
  2. «… quan xiao pin»: Das Trinken aus einer Quelle, die nicht fliesst, schadet.» (Zitat aus dem «shi wu ben cao»)