Complemedis in den Provinzen Guizhou im Südwesten und Jilin im Nordosten Chinas


10.01.2017
Complemedis

Reisebericht: Complemedis und Phytax (www.phytax.ch) besuchen zusammen mit TCM-Fachpersonen Landwirtschaftsbetriebe, die Ingwer im Südwesten Chinas in der Provinz Guizhou und Ginseng im Nordosten in der Provinz Jilin anbauen.

Provinzen Guizhou und Jilin

Guizhou ist eine im Westen nahezu unbekannte Provinz, südlich von Sichuan, östlich von Yunnan und westlich von Hunan. Beim Anflug auf die Hauptstadt Guiyang fragte ich mich, wo da überhaupt ein Platz zum Landen sein könnte. Wie überdimensionierte Maulwurfshügel ragten überall spitze Karstberge in die Höhe. Die Hauptstadt mit ihren 3.5 Millionen Einwohnern liegt verschachtelt in diesem Gewirr von Hügeln und Tälern. Das Leben pulsiert wie überall in städtischen Gegenden China und es wird fleissig an Autobahnen, U-Bahnen und Trassees für Hochgeschwindigkeitszüge gebaut. Die Topografie wird behandelt, als ob sie nicht existierte und so sieht es aus wie in einer ins Riesige hinaufprojizierte Modellanlage: Löcher in den Bergen, durch die Strassen und Bahnen führen, Viadukte in unvorstellbaren Höhen.

Huangguoshu Wasserfall

Wir fahren zum Huangguoshu-Wasserfall, dem grössten Asiens. Und überall, wo Grosses erwartet wird, sind auch die Menschenmassen gross, die sich das ansehen wollen. Die Natur ist Kulisse, eingefasst und gezähmt durch den heutigen Menschen, mitunter der heutigen Chinesin angepassten Spazierwegen, also auch mit Highheels begehbar. Die Gischt weht in Schwaden über alles, aber dafür gibt es ja Plastikhäute, die man sich überziehen kann. Ehrlich gesagt, hätte ich mir den Wasserfall für chinesische Verhältnisse grösser vorgestellt. Ich lese, er sei 70 Meter hoch und 100 Meter breit. Der Rheinfall ist 25 Meter hoch und 150 Meter breit. Huang Guo Shu heisst Gelb-Früchte-Baum. Vielleicht eine Art Melia; Melia azedarach. Ich will mich nicht darauf behaften lassen. In Erinnerung bleibt auch das Nachtessen in einem zum Erlebnispark umgebauten Gewächshaus. Uns Besuchern wird der Reiswein bei Musik und Tanzspielen kannenweise eingeflösst. Einheimische Jünglinge zeigen ihren Testosteronlevel anhand des Einprügelns auf einen Bottich mit Klebreis, der, je länger man ihn mit den Stöcken bearbeitet, umso klebriger Fäden zieht. Nur mit grösster Kraftanstrengung lassen sich die Holzhämmer noch von der Masse lösen.

Ingwer Anbau

Unser Hauptanliegen ist aber der Besuch einer Ingwerplantage. Unser Kräuterhauptlieferant hat da ein Joint-Venture gestartet und will Ingwer vermarkten. Der wird in zunehmendem Masse für mancherlei Zwecke angebaut. Seine Inhaltsstoffe sind wertvoll, aber mit der steigenden Nachfrage steigen auch die Schadstoffe in den auf dem Markt verfügbaren Chargen. Monokulturen erfordern den Einsatz von Dünger und Pestiziden. Das Ziel dieses Geschäftes unseres Partners ist der Anbau von Ingwer in einer Gegend, die bisher noch weitgehend intakte und schadstofffreie Böden vorzuweisen hat. Wir reissen ein paar Pflanzen aus, nehmen sie nach Hause und analysieren sie im Labor: Tatsächlich! Pestizide sind nicht nachweisbar. Dem Unternehmen wünschen wir viel Glück, dass auch noch in ein paar Jahren saubere Ware in guter Qualität produziert werden kann.

Und schon geht die Reise in eine völlig entgegengesetzte Richtung: in den äussersten Nordosten, die Provinz Jilin. Wir landen in der Haupstadt Changchun mit ihren rund 7 Millionen Einwohnern. Auch das eine in meinem bescheidenen Hirn als Provinznest eingravierte Stadt, zu der ich bis dato nicht den winzigsten Kenntnisstand hatte. Daran hat sich auch nach dem Besuch nicht viel geändert, denn schon ging es per Bus los an die Grenze zu Nordkorea. Mit Stielaugen guckten wir über den Grenzfluss, dem wir 200 Kilometer folgten. Alle paar Kilometer musste der Bus sein Tempo auf Schrittgeschwindigkeit bremsen, damit ihn die Überwachungskameras registrieren konnten. Die Route musste zudem geändert werden, weil es genau an diesem Tag dem allmächtigen grossen Führer Kim Jong Un wieder mal wenige Kilometer von uns entfernt beliebte, ein Atombömbchen zur Explosion zu bringen. Infolgedessen zog China ein paar Einheiten Militärs an der Grenze zusammen.

Tanz Anlass

Vielleicht, weil das die Spielregeln erfordern, denn eigentlich ist man den Leuten jenseits des Flusses freundlich gesinnt. Schliesslich leben auch diesseits des Gewässers die gleichen Leute, die gleiche Ethnie, Koreaner eben. Beim Eingang jedes Dorfes steht denn auch eine Tafel, auf der darauf hingewiesen wird, dass die Einwohner gebeten werden, keine Leute von jenseits der Grenze bei sich zu beherbergen. Ein Indiz dafür, dass genau das Gegenteil gemacht wird. Schliesslich ist man ja verwandt miteinander. China bietet den Nordkoreanern zudem die Möglichkeit, ein bisschen auf ihrem Boden zu wirtschaften. Wir besuchen beispielsweise ein von Nordkorea geführtes Restaurant, wo uns freundliches Personal Musik und Essen serviert und natürlich muss auch wieder zusammen getanzt werden. Einzig der schlechte Zustand der Zähne der hübschen Crew lässt erahnen, dass es in Nordkorea nicht mit allem bestens bestellt ist.

Ginsengplantage

Wir sind in Jilin, um uns ein Bild zu machen, wie Ginseng angebaut und verarbeitet wird. Die Nachfrage ist ja gross, wilder Ginseng so gut wie ausgestorben und der Raubbau an der Natur hat viele Wunden hinterlassen. Wir besuchen konventionelle Plantagen, wo unter Einsatz aller Mittel, also mit massivem Dünger- und Pestizideinsatz gearbeitet wird und im Gegensatz dazu schauen wir uns Orte an, wo naturnah produziert wird. Auch da nehmen wir Proben nach Hause und geben sie ins Labor. Auch diesmal kommt viel Freude auf, als wir die Laborresultate vorliegend haben: Die Suche nach Hunderten von Pestiziden verlief weitgehend ergebnislos. Die Produktion ist aufwändig: Die Böden sind nach ein paar Jahren total ausgelaugt und es müssen neue Anbauflächen gesucht werden. Alte Böden brauchen mehrere Jahre Regeneration. Man arbeitet heute in der Art, dass Pflanzen in Kulturen angezogen, dann ausgewildert werden, indem man in einem abgelegenen Gebiet ein Stück Boden urbar macht. Der Besuch eines Ginseng-Museums und eines Ginseng-Nachtmarktes gehören auch zum Programm. Und natürlich gehört gutes lokales Essen auch immer dazu. Unsere Reiseleiter haben alles bestens organisiert und kommen unseren Wünschen mit viel Einsatz nach. Das Rahmenprogramm führt uns auch zum Changbai-Gebirge mit dem Himmelssee Tianchi, der zum Teil zu China, zum andern zu Nordkorea gehört. Die Schlucht Erdaogou des mit gewaltigen Basaltsäulen bestückten Tales sind ebenfalls eine Sehenswürdigkeit, die wir nicht verpassen. Es war eine wunderbare Reise. Den Reiseleitern sei Dank dafür.

Nachtmarkt